Dienstag, 18. Dezember 2018

„Purer Populismus!“ BUND kritisiert Ratsentscheid zum Bergertor – und prüft Rechtsmittel

„Der Ratsbeschluss zum Bergertor-Wehr am letzten Freitag hat alle enttäuscht, die bei der Ratsmehrheit ein Verantwortungsgefühl für die Natur in der Stadt Herford erwartet haben,“ kommentiert BUND-Kreisvorsitzender Bernd Meier-Lammering. Es geht um die Entscheidung der Stadt Herford zum Neubau des Bergertor-Wehres der Werre. „Die Interessen der Natur sind in dieser Fehlentscheidung im Ränkespiel der Stadtpolitik, einem Mangel an Standhaftigkeit des Stadtoberhaupts und in einer gefährlichen Mischung aus Behauptungen, Halbwissen und daraus resultierender Hysterie untergegangen.“

Der jetzt anstehende Umbau des Bergertorwehres wird den Zustand der Werre wenigstens für die nächsten 80-100 Jahre prägen. Dabei geht es nicht nur um die 2 km Staustrecke im Stadtgebiet, sondern um die Verantwortung für den größten Fluss innerhalb von Ostwestfalen-Lippe auf seiner gesamten Länge von über 70 km. Daraus erwächst der Stadt Herford eine äußerst große Verantwortung für die Bergertor-Entscheidung hinsichtlich einer echten Durchgängigkeit, wie der BUND immer wieder gefordert hat. „Dieser Verantwortung wird der Rat nicht gerecht. Dass sich der CDU-Fraktionsvorsitzende Rußkamp in seiner Stellungnehme auf ein einfaches „Menschen oder Fische“-Niveau begibt, ist erschreckend“, so Meier-Lammering weiter. Das Festschreiben des aktuell vorhandenen Wehres mit seiner langen Stauwirkung, prägnant als „Karpfenteich“ bezeichnet, ist absolut kontraproduktiv für die Natur und richtet sich auch gegen die Lebensgrundlagen von uns Menschen.

Selbstverständlich nimmt der BUND begründete Sorgen von Hausbesitzern am Werreufer ernst. Aber anstatt sich mit den Fakten tatsächlicher Schwankungen des Grundwasserstandes zu beschäftigen, wird eine Weltuntergangsstimmung verbreitet. Bei einer Absenkung um 50 cm wird dank des Kapillarröhrensystems im Boden nach wenigen Metern vom Ufer wird das Grundwasser lediglich im einstelligen Zentimeterbereich sinken,. Die Baugrube eines (fiktiven) Nachbarn kann einen bedeutend größeren Einfluss auf den Grundwasserstand ausüben. Zudem hat gerade dieser äußerst trockene Sommer gezeigt, dass bei allgemein massiv gefallenen Grundwasserständen im Bereich Wiesestraße/Weddingenufer keine erdbebenartigen Zustände eingetreten sind. Im Übrigen sei die Angst vor „dahinschmelzenden“ Torflinsen im Untergrund, die bislang niemand gefunden hat, genauso rational wie die Angst vorm Fegefeuer, so Meier-Lammering. Torflinsen kann es nur unter Luftabschluss geben und der ist in den oberen Bodenschichten wegen der üblichen natürlichen Grundwasserschwankungen nicht gegeben: „Ein klassischer Denkfehler!“ bekräftig der BUND-Vorsitzende seine scharfe Kritik an Rat und Bürgermeister.

Auch vor dem finanziellen Hintergrund erscheint die getroffenen Entscheidung sehr fragwürdig: während bei der Variante 3a mit vollen Zuschüssen von 70% aus dem „Wasserpfennig“ (keine Steuern!) zu rechnen ist und die Stadt mit ca. 1 Mio. € Eigenmittel belastet würde, ist die Variante 3b per se in den Baukosten von 4,8 Mio.€ bedeutend teurer. Zuschüsse sind hier mehr als fraglich mangels ausreichender ökologischer Verbesserung. Die Stadtrat Herford hat also am 14.12.2018 beschlossen, trotz knapper Kasse und schmerzhaften Kürzungen im Kulturetat etwa 3-4 Mio. € für eine schlechte Projektausführung am Bergertorwehr „zu versenken“. Der BUND wird daher sowohl den „Bund der Steuerzahler“ wie das Rechnungsprüfungsamt der Bezirksregierung auf diese Umstände hinweisen.

Der Stadtratsbeschluss eröffnet nun das Planfeststellungsverfahren nach Wasserhaushaltsgesetz (WHG) für den Umbau des Bergertorwehres. Der BUND wird sehr genau beobachten, was dabei herauskommt. Durchaus möglich sind im Verlauf des Planfeststellungsverfahrens noch erhebliche Umplanungen, allein im Bereich des Hochwasserprofils und wegen der mangelnden ökologischen Verbesserung. Angesichts des irrationalen Hintergrunds der jetzt getroffenen populistischen, unsachlichen Stadtratsentscheidung wird der BUND nach Abschluss des Planfeststellungsverfahrens genau prüfen, ob er eine Verbandsklage einreichen wird.

1 Kommentar:

  1. Eine sehr zubegrüssende Entscheidung! Es ist unverantwortlich, wie kurzsichtige Kirchturmpolitik auf Profit fixierter Politiker Umweltschäden oder - Belastungen die Gesellschaft auf Jahre oder gar Generationen belasten. Daten müssen wir mit allen Mitteln kämpfen.

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