Samstag, 1. Juni 2019

Flughafen Paderborn: Die Kasse bleibt zu!

Die Betonindustrie liebt sie: überflüssige Flughäfen wie Kassel-Calden

Die Forderung der Industrie- und Handelskammern und des Paderborner Landrats Manfred Müller, die kommunalen Zuschüsse für den defizitären Flughafen Paderborn/Lippstadt zu erhöhen, ist unverschämt und in Zeiten des Klimawandels völlig weltfremd. Das erklärt Jens Jürgen Korff, Vorsitzender des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) in OWL.

Korff: „Wir haben mit der Dürre im letzten Sommer erlebt, was Klimawandel auch hier für unsere Region bedeutet. Das bedeutet zum Beispiel, dass unsere Bäche großflächig austrocknen. Die Schülerinnen und Schüler von „Fridays for Future“ gehen jeden Freitag auf die Straße, weil sie gemerkt haben, dass ihre Zukunft auf dem Spiel steht. 4000 waren es gestern in Bielefeld. Die Stadt Herford hat den Klimanotstand ausgerufen, die Stadt Gütersloh steht kurz davor. Und in dieser Situation kommen Landrat Müller und IHK-Grefe um die Ecke und wollen mehr kommunale Knete für die klimaschädlichste Verkehrsform der Region: den Flugverkehr. Damit muss Schluss sein! Die Kasse bleibt zu!“

Korff erklärt zu den Hintergründen: „Die Finanzprobleme des Flughafens sind hausgemacht. Sie hängen mit den Überkapazitäten der Flughäfen und den Dumpingpreisen zusammen, mit denen Flughäfen wie Dortmund, Hannover, Paderborn und Kassel-Calden sich gegenseitig die Fluggäste abjagen. Dass die Steuerzahler dafür auf allen Ebenen zur Kasse gebeten werden, ist absurd. Wir blechen bereits alle für den Flugverkehr dadurch, dass Kerosin steuerfrei ist und auf internationale Tickets keine Mehrwertsteuer anfällt. Der Flughafen Paderborn/Lippstadt muss gezwungen werden, kostendeckende Start- und Landegebühren zu verlangen. Dadurch steigen die Ticketpreise, und der Flugverkehr fängt an, so viel zu kosten, wie er Schäden verursacht. Das ist der Weg, der in Zeiten des Klimanotstands unumgänglich ist.“

Mehr zu den Hintergründen

Die Kreistage der Region (Paderborn, Höxter, Lippe, Gütersloh, Soest, Stadt Bielefeld) diskutieren zurzeit darüber, ihre jährlichen Zuschüsse für den defizitären Flughafen Paderborn von 2,5 Mio. € im Jahr für zunächst vier Jahre auf 5 Mio. € im Jahr zu erhöhen. Die nächste Kreistagsentscheidung steht schon am Montag, dem 3. Juni, in Paderborn an.

Dort geht es um eine Erhöhung des Zuschusses von 1,44 auf 2,88 Mio € im Jahr für den Kreis Paderborn.


Bereits 2011 hatten die Kreise einen Investitionszuschuss von 18,5 Mio. € gewährt, um den weitgehend überflüssigen Flughafen zum Konkurrenzkampf mit dem noch überflüssigeren Flughafen Kassel-Calden zu rüsten: PE des Landrats von Paderborn aus 2011.

Der Flugverkehr, vor allem der innerdeutsche Kurzstreckenflugverkehr, ist die bei weitem klimaschädlichste Form des Reisens. Genau diese soll von den Kreistagen jetzt regelmäßig mit doppelt so viel Steuermitteln bezuschusst werden wie vorher. In der Verwaltungsvorlage für den Kreistag Paderborn steht sogar ziemlich genau drin, warum das aus Sicht des Flughafens und seiner Lobbyisten in der IHK nötig ist. Ich zitiere drei Punkte aus der Begründung:

  • Insolvenzen von Airlines (z.B. Air Berlin, Small Planet, Germania) und Damit einhergehend eine deutliche Verknappung verfügbaren Fluggerätes;
  • Konzentration der großen Low-cost carrier (RYANAIR, easyJet, Eurowings) an den großen Flughäfen mit der Folge stärkerer touristischer Flugangebote über diese Flughäfen;
  • als Folge aus Verknappung von Fluggerät und Konzentrationen an den großen Airports ist ein zunehmend ruinöser Preiskampf der Flughäfen untereinander um die Stationierung von Airlines, verbunden mit einem Erlösrückgang und daraus folgernd eine Verschlechterung der wirtschaftlichen Ergebnisse der Flughäfen;


Ich übersetze in Klartext:
  1. Mehrere Billigfluglinien sind wegen ihrer Dumpingpreise und der Überkapazitäten insolvent gegangen. Deshalb wurden Flugzeuge, die nicht ausgelastet waren, die also nicht gebraucht werden, stillgelegt. Die Zahl der Starts und Landungen sinkt also – zum Glück aus unserer Sicht, zum Unglück der Flughafenbetreiber.
  2. Die verbliebenen Billigfluglinien konzentrieren sich, um Kosten zu sparen, auf die großen Flughäfen und lassen Paderborn und Dortmund und Münster künftig links liegen.
  3. Um doch noch Starts und Landungen nach Paderborn zu kriegen, senkt der Flughafen seine Start- und Landegebühren immer weiter ab, genau wie die Konkurrenten in Dortmund und Münster und wahrscheinlich auch Hannover. Er macht also ebenfalls Dumping bis zur Insolvenz. Dabei sollen ihm nun die Kreistage mit zusätzlichem Steuergeld helfen. Weil ein Flughafen angeblich gut für den Wirtschaftsstandort ist. Offenbar auch dann, wenn er nicht gebraucht wird.

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