Montag, 9. Juni 2014

Viele Menschen beeindruckt vom „wegradierten Hektar“

Pip Cozens von ART at WORK und der Hektar im Teuto. Foto: J. Korff

Flashmob gegen Flächenfraß auf dem Alten Markt zu Bielefeld. Foto: M. Friedemann

Aktionskunst und Flashmobs zum Thema Flächenfraß in Bielefeld

Pro und contra Gewerbegebiete war das Diskussionsthema, als die Bezirkskonferenz Naturschutz Ostwestfalen-Lippe und die Künstlergruppe ART at WORK mit spektakulären Aktionen in Bielefeld zeigten, was „Flächenfraß“ bedeutet. Auf einer Wiese im Teutoburger Wald markierten sie mit weißen Stoffbahnen und Fahnen ein 100 * 100 Meter großes Quadrat in der Landschaft. 1 Hektar – das ist nach Schätzung der Veranstalter in etwa die Fläche, die jeden Tag in Ostwestfalen-Lippe zugebaut wird. In der Bielefelder Innenstadt fanden mehrere Flashmobs statt, bei denen die Aktivisten zwei riesige Luftbilder zeigten: eins mit naturnaher Landschaft, eins mit einem großen Gewerbegebiet, beide am Bielefelder Stadtrand. 


Annabelle Mayntz von der Künstlergruppe ART at WORK zieht ein positives Resümee: „Fast alle Leute, die oben an dem Hektar vorbeigekommen sind, waren sehr beeindruckt von der Größe der Fläche, die wir jeden Tag an Landschaft verlieren. Man konnte sehen: Da haben wirklich 50 Reihenhäuser Platz. Manche wollten gleich einen Appell zu unserer Forderung unterschreiben, den Flächenfraß auf Null zu senken. Daran hatten wir gar nicht gedacht. Es zeigt, wie viele Menschen sich etwas anderes wünschen als die Betonwüsten, die überall rings um die Städte und entlang der Autobahnen entstehen.“

Ulf Blumenstock von der Bürgerinitiative „L 712n – nicht so“ erzählt Eindrücke: „Dieser Hektar in der Landschaft war unglaublich beeindruckend. Die Passanten waren durch die Bank bestürzt, als sie das Ausmaß der Naturzerstörung sahen. Fast alle sagten, solche Aktionen sollte es häufiger geben.“

Pip Cozens von ART at WORK ergänzt ein weiteres Motiv: „Wir beschäftigen uns auch in anderen Projekten mit dem Thema Ernährung. Das Brot und Gemüse, das wir essen wollen, muss irgendwo wachsen, und möglichst nahe bei den Menschen, die es essen, damit wir mit den Prozessen verbunden bleiben, die uns ernähren. Das ist für uns ein wichtiger Grund, die Landschaften mit ihren Äckern zu erhalten.“

Jens Jürgen Korff vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) berichtet zum Ablauf der Flashmobs: „Wir hatten dafür zwei 5*5 Meter große Planen vorbereitet. Zur Musik von Vivaldi breiten wir das Luftbild einer naturnahen Landschaft aus und zeigen, wie wir das Bachgeplätscher und Vogelgezwitscher genießen. Eine junge Frau legt sich auf den Landschaft hin und lässt die Seele baumeln. Dann plötzlich ein brutales Hardcore-Motiv, Motorsägen, Baumaschinenlärm: Die Aktivisten, jetzt mit orangen Warnjacken und Helmen, breiten die Plane mit dem Gewerbegebiet über die Landschaft und die Frau. Der Flächenfraß hat zugeschlagen. Doch plötzlich schiebt sich eine Distel durch ein Loch in der Betonwüste nach oben. Zum Schluss liegen beide Planen zum Vergleich nebeneinander.“

Wie haben die Passanten reagiert? Korff: „Es gab einige Diskussionen mit neugierigen Passanten, die meist versuchten, die Luftbilder zu identifizieren. Viele kannten das Thema Flächenverbrauch bereits und stimmten uns zu. Manche verteidigten den Bau von Gewerbegebieten mit dem Argument, die Menschen müssten nun mal irgendwo arbeiten. Ja, das müssen sie wohl. Dafür brauchen wir aber, wenn wir uns bei abnehmender Bevölkerung intelligent organisieren, nicht immer noch mehr Platz in der Landschaft. Wir können stattdessen flächensparend bauen und zum Beispiel die demnächst frei werdenden Kasernenflächen in Paderborn-Sennelager, Herford und Bielefeld umnutzen.“

Die Aktion wurde von der Stiftung für die Natur Ravensberg unterstützt.

Kontakt:
Jens Jürgen Korff
(Sprecher Flächenschutz)
Am Ostbahnhof 1, 33607 Bielefeld
Tel. 0521/ 3043 6987
jens.korff@bund.net
www.freunde-der-landschaft.de
www.art-at-work.org 

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