Gütersloh: Zu dem
brisanten Thema hatten die Gemeinschaft für die Natur Gütersloh (GNU) und die
Stiftung für die Natur Ravensberg zu einer Podiumsdiskussion geladen. Während
der vielfältigen Diskussion am 12. Juli 2017 mit Vertretern der IHK, der Landwirtschaft,
der Naturschutzverbände und der Behörden im Kreishaus Gütersloh wurde klar: Die
größte Herausforderung der Zukunft, gerade auch in Ostwestfalen-Lippe, ist der
Flächenverbrauch und der Umgang mit ihm. Dabei ist die Anzahl an ausbaufähigen
Vorschlägen groß und es liegt nun daran, diese umzusetzen.
Wilhelm Gröver, Leiter der
Abteilung für Umwelt beim Kreis Gütersloh, gab in seiner Präsentation zu
bedenken, dass der Flächenbedarf im Kreisgebiet Gütersloh allein für
Gewerbeflächen bis 2035 etwa 700 ha betrage, sich die derzeit vorhandenen
Reserveflächen jedoch nur auf ca. 300 ha beschränkten.
Wirtschaftliches
Wachstum ist wichtig, aber nicht alles
Diese wirtschaftlichen
Bedürfnisse einbeziehend, brachte Andreas Westermeyer, Vorsitzender des landwirtschaftlichen
Kreisverbands Gütersloh, es auf den Punkt: „Jede Partei braucht Wachstum!“
Das zeige auch der
kommende Bundesverkehrswegeplan, der einen vierspurigen Ausbau der B61/64
länderübergreifend vorsehe.
Dieses Interesse sei nicht
verwerflich, sagte Harald Grefe, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der IHK
Ostwestfalen. Denn die Region Ostwestfalen-Lippe gehöre zu den
wirtschaftsstärksten Kreisen Deutschlands. Im Kreis Gütersloh stelle die Industrie
mit einem Anteil von 45,6 % aller Arbeitsplätze den Motor der Region dar. Auf
das Gewerbe entfielen, so Grefe, nur 1,49 % der Fläche in OWL und 2,07 % im Kreis
Gütersloh; die größten Flächennutzer seien Wohngebiete und Verkehr.
Detlef Gerdts,
Fachbereichsleiter Umwelt und Klimaschutz in Osnabrück und Mitbegründer des
Bodenbündnis europäischer Städte ELSA e.V., stellte klar, dass, bezogen auf die
Gesamtfläche, die Landwirtschaft der größte Flächennutzer ist.
Die anwesenden
Interessenvertreter waren größtenteils der Ansicht, dass eine
einseitig wirtschaftsfördernde Handlungsweise dem Schutz von Natur und Umwelt
nicht gerecht werde. Nach dem Motto „Lösungsansätze müssen her!“ präsentierten sie eine Vielzahl von Ideen für
Alternativen.
Wilhelm Gröver vom
Umweltamt des Kreises nannte Maßnahmen wie bauliche Verdichtung, Verbesserung
des öffentlichen Personennahverkehrs, Förderung des Fahrradverkehrs und ein
generelles Flächenverbrauchsmonitoring. Petra L. Müller, Architektin und
Diplom-Ingenieurin, zeigte an Projekten auf, welche urbanen Ressourcen in der „vertikalen
und horizontalen Verdichtung“ liegen. Diese sparten nicht nur Fläche, sondern führten
auch zu einer energetischen Optimierung.
Weitere Vorschläge waren eine
intelligente Brachlandnutzung oder verpflichtende ökologische Baubedingungen
für Gewerbebauten, etwa eine Vorschrift zur Dach-Begrünung oder zur Aufstellung
von Photovoltaikanlagen. Gerdts berief sich dabei auf Positivbeispiele in der Schweiz
und in Österreich.
Als andere Lösungsoptionen
wurden genannt: eine Änderung der Grunderwerbssteuer und der Grundsteuer für
unbebaute Flächen im Innenbereich, die Führung von Leerstands- und
Brachflächenkatastern, die Vermeidung von Versiegelungen, eine grundlegende
Änderung der Berechnungsmethoden und der Förderung des Flächenverbrauchs sowie ein
intelligentes Flächenmanagement der Industrie.
In Zukunft muss
umgedacht werden
In der Diskussion stand
oft die Kompromissfindung im Vordergrund. Ein Naturschützer aus dem Publikum bemängelte
den generellen Mangel an fachlichem Know-how, was konkrete Alternativen zum
Flächenverbrauch angehe. Alle Beteiligten im Publikum wie auf der Tribüne waren
sich einig, dass auf allen Seiten ein gewisser Druck in Richtung Umdenken
aufgebaut werden müsse. Einigkeit gab es auch bei der Forderung, das „Kommunenbelohnungssystem“
in Richtung nachhaltiger Flächennutzung umzustellen.
Als Resümee des spannenden
Diskussionsabends ist mitzunehmen: Es gibt keinen Königsweg.
Nicht nur die Industrie
muss Fläche sparen, auch die Bürgerinnen und Bürger sollten ihre steigenden
Ansprüche an die individuelle Wohnfläche überdenken.
Kontakt:
BUND Bielefeld
Jens J. Korff
(Praktikantin Katharina Schneider)
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