Freitag, 29. Mai 2015

Gülle-GAU in der Else: BUND fordert Konsequenzen

Das Auslaufen von ca. 140 Tonnen Gärsubstrat einer Biogasanlage in Melle-Sondermühlen hat das Leben in der Else weitgehend zum Stillstand gebracht. Der unmittelbare Entzug des im Wasser gelösten Sauerstoffs lässt alle Atmungsaktivitäten ersterben, Fische und andere Wasserlebewesen sind zu Tausenden gestorben. „Die Else ist tot, über 30 Jahre Naturschutzarbeit sind für die Katz, “ beklagt Bernd Meier-Lammering, Sprecher der BUND-Kreisgruppe Herford, „aber jetzt müssen Konsequenzen aus diesem extremen Gewässerunfall gezogen werden!“

Der Umweltverband BUND stellt den Dienststellen im Kreis Herford ein gutes Zeugnis aus. Alles Menschenmögliche sei von Umweltbehörden, Gemeinden, Feuerwehr, THW, den Angelvereinen und Privatleuten getan worden, um Schadensbegrenzung zu erreichen. „Besonders das Abschotten von Altarmen und Nebengerinnen vor der tödlichen Flutwelle birgt die Hoffnung, das von dort aus eine Wiederbesiedlung der verödeten Flussabschnitte erfolgen kann,“ hofft Biologe Meier-Lammering. Hier können sich hoffentlich noch Restbestände der sich bislang so positiv entwickelnden Else-Fauna erhalten haben. Der sehr seltene und in Europa besonders geschützte kleine Fisch Steinbeißer hat genau im betroffenen Flussabschnitt einen landesweit sehr wichtigen Bestand ... gehabt?! Muss man das jetzt so formulieren? „Ich fürchte JA, sagt Klaus Nottmeyer, Leiter der Biologischen Station im Kreis Herford, die das NSG Elseaue seit 22 Jahren fachlich betreut. Genau dieser nun wahrscheinlich vernichtete Bestand hat zur Ausweisung der Else als FFH-Schutzgebiet geführt, also ein äußerst empfindlicher Verlust für den Naturschutz nicht nur in der hiesigen Region. „Aber um das einzige aktuell sicher belegte Vorkommen des Fischotters in Ostwestfalen-Lippe, der sich nach 70 Jahren wieder hier angesiedelt hat, dürfte es nach diesem Desaster geschehen sein: wovon sollten die Tiere jetzt leben?“, fragt Karsten Otte, Sprecher der Bezirkskonferenz Naturschutz OWL
„Stinksauer“ sind Otte und Meier-Lammering hingegen auf den Kreis Osnabrück und die niedersächsischen Behörden. Die Information von diesem Super-Gau für das Else-Ökosystem erreichte den Kreis Herford erst 24 Stunden später, und das nicht von offizieller Stelle in Niedersachsen. Die Angler hatten in Bruchmühlen Alarm gegeben. „Da war die Flutwelle mit der zerstörerischen Fracht schon längst bei uns.“ beklagt sich Karsten Otte. Viele Schäden hätten bei rechtzeitiger Information aus Melle/Osnabrück noch verhindert werden können, so sei der Kreis Herford vor vollendete traurige Tatsachen gestellt worden. Der BUND Kreisgruppe Herford erwägt daher eine Anzeige nach Umweltschadensrecht gegen den Landkreis Osnabrück und den Betreiber der Biogasanlage.
„Eigentlich ist das eine Katastrophe mit Ansage gewesen“, meint Karsten Otte; „ denn bei „Erneuerbaren Energien“ scheint ein Teil der Politik auf dem grünen Auge blind zu sein. Die berechtigten Forderungen nach Technikfolgenabschätzung in anderen Wirtschaftsbereichen hat man keine ausreichende Schadens-Vermeidungsstrategie für die „Erneuerbaren“ entgegengesetzt. „Das zehrt an Glaubwürdigkeit und Akzeptanz für eine eigentlich gute Sache!“ Biogasanlagen wie diese sollten nicht neben offene Fließgewässer gebaut werden – ganz offensichtlich ohne die notwendige Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Insofern bekommt die Forderung vieler Naturschützer nach einem Verbot solcher Anlagen in der freien Landschaft wieder neue Nahrung, denn offenbar nur in Industriegebieten sind solche fatalen Unfälle besser in den Griff zu bekommen.

Dem BUND liegen Informationen vor, dass die havarierte Biogasanlage noch gar nicht baulich abgenommen worden sei. Wenn dem so ist, ist die Forderung nach deutlich engeren Kontrollen zu stellen. „Ist mein Auto bei der TÜV-Prüfung alle 2 Jahre nicht mehr verkehrssicher, wird die Zulassungsplakette abgekratzt – bei einer Anlage mit einem so hohen Umweltrisiko sollte eine technische Prüfung alle 2 Jahre Standard werden. Erfüllt die Anlage nicht die Sicherheitsanforderungen, insbesondere für den Gewässerschutz, ist sie stillzulegen“, meint Bernd Meier-Lammering. Der Bau deutlich größerer Auffangeinrichtungen für den Havariefall und eine strafbewehrte Informationspflicht für Betreiber und Behörden sei zu fordern.
Einen grenzüberschreitenden Alarmplan für solche Umweltkatatstrophe wie in der Else sei eine Mindestforderung – nicht einmal das hat es bislang gegeben! Darüberhinaus muss die Wiederanreicherung unserer Flußlandschaften mit Altarmen und Nebengerinnen konsequent weiterentwickelt werden, um in diesen Rückzugsgebiete für die Tierwelt im Falle solcher Katastrophen zu schaffen.

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